Personalführung und -fürsorge in Krisenzeiten

Befund

Ein zentraler und kritischer Faktor für die erfolgreiche Bewältigung von Krisen in der kommunalen Verwaltung sind die Leistungs- und Belastungsgrenzen der Mitarbeitenden. Im Rückblick auf die Pandemie reflektierten Mitarbeitende von Kommunalverwaltungen im Rahmen von PanReflex, dass sie die Pandemiejahre hindurch eine sehr hohe Arbeitsbelastung verspürten, die durch akute Belastungsspitzen wie die Umsetzung von Landesverordnungen unter großem Zeitdruck oder die Impfkampagne weiter verschärft wurde.

Die sehr fachspezifischen Aufgabenstellungen gingen oft einher mit schwierigen moralischen Abwägungs- und Entscheidungsprozessen mit weitreichenden Auswirkungen auf die Bevölkerung (beispielsweise Besucherregelungen in Pflegeheimen und Krankenhäusern). Dies führte auch zu psychischen Belastungen. Die Mitarbeitenden standen unter erheblichem Stress, da sie nicht nur organisatorische und neue fachliche Herausforderungen zu bewältigen hatten, sondern zum Teil auch Zielscheibe von physischen, verbalen und medialen Angriffen wurden.

Die Verwaltungsmitarbeitenden waren dabei nicht nur organisatorisch, sondern oftmals auch persönlich von der Krise betroffen. Eine kontrollierte Minderung der Belastung war meist weder absehbar noch planbar. Zudem fielen Kolleg:innen häufiger krankheitsbedingt aus, was die Arbeitsbelastung weiter erhöhte und eine dauerhafte Überlastung einzelner Mitarbeitender zur Folge hatte.

Neue Prozesse, Technologien und Kommunikationswege mussten parallel zum laufenden Krisenbetrieb eingeführt und gemeistert werden – häufig in neuen Arbeitskonstellationen wie etwa dem Homeoffice. Die Situation wurde durch unklare Zeithorizonte und Zielvorgaben zusätzlich erschwert.

Zur Stärkung der Resilienz in kommunalen Verwaltungen ist es insbesondere in Krisenzeiten notwendig, gezielt in Personalführung, -verantwortung und -fürsorge zu investieren und ein verstärktes Bewusstsein für die Belastungssituation der Mitarbeitenden zu entwickeln.

Handlungsempfehlungen

  • Besondere Verantwortung von Führungskräften in Krisenzeiten
    In Krisenzeiten haben Führungskräfte eine besondere Verantwortung und Fürsorgepflicht. Verwaltungsmitarbeitende brauchen in Krisenzeiten klare Unterstützung – psychologisch, organisatorisch und strukturell. Führungskräfte können dabei eine zentrale Rolle spielen, wenn sie nicht nur organisatorisch und inhaltlich steuern, sondern auch fürsorglich und stabilisierend auf ihre Teams einwirken.

    Dies kann teamintern schon durch kleine morgendliche Routinen geschehen, in denen aktuelle berufliche und persönliche Belastungssituation der Mitarbeitenden Raum gegeben wird oder mittels niederschwelliger psychosozialer Beratungs- und Unterstützungsangebote, die allen Mitarbeitenden offenstehen. Insbesondere für Mitarbeitende, die verbalen und körperlichen Angriffen oder schwierigen Diskussionen ausgesetzt sind, sind Formate wie ein kurzes Debriefing nach Schichtende oder Supervision hilfreich. Vor dem Hintergrund des Personalmangels und krankheitsbedingten Ausfällen spielt die Prävention von Burn-Out eine wichtige Rolle, um insbesondere die leistungsstarken Mitarbeitenden zu schützen und im Dienst zu halten.
  • Bewusstsein für Personalführung und Fürsorgepflicht in Krisenzeiten stärken
    Langfristig empfiehlt sich der Aufbau einer Kultur der Fürsorge, in der sowohl Führungskräfte als auch Mitarbeitende für Belastungsgrenzen sensibilisiert werden. Die Förderung einer offenen und unterstützenden Verwaltungskultur, in der Überlastung ernst genommen und offen thematisiert wird, ist essenziell. Personalschulungsprogramme, die auf den Umgang mit Überlastungssymptomen, transparenter und wertschätzender Krisenkommunikation sowie dem frühzeitigen Erkennen psychischer Belastungen ausgerichtet sind, können Führungskräfte für diese Thematik sensibilisieren und bei der Wahrnehmung der Fürsorgepflicht unterstützen.
  • Aufbau einer Kultur der Wertschätzung in der Kommunalverwaltung
    Krisen erfordern schnelles Handeln und pragmatische Entscheidungen. Dabei ist die Informationslage meistens nicht umfassend und langwierige Aushandlungs- und Abwägungsprozesse, die alle Eventualitäten berücksichtigen, sind schwierig. Dabei kann es immer wieder auch zu Entscheidungen kommen, die ungewollte negative Kaskadeneffekte auslösen oder schwierige Nebenwirkungen mit sich bringen.

Damit Mitarbeitende diese schwierigen Entscheidungen treffen, müssen sie sicher sein, dass etwaige Fehler, die nicht auf grobe Fahrlässigkeit zurückzuführen sind, sondern im Eifer der Krisenbewältigung passieren können, im Nachgang nicht zu ihrem Nachteil ausgelegt werden. Dafür sind in der gesamten Verwaltung eine wohlwollende verwal-tungsinterne Fehler- und Vertrauenskultur und ein wertschätzender Umgang mit Mitar-beitenden, die in schwierigen Zeiten ihr Bestes geben, hilfreich. Dies kann als Füh-rungsleitline von der Verwaltungsspitze ausgehend gelebt und gestaltet werden.

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Praxisbeispiele

Leitfäden: